Kampagne: Radlust
Ausstellung mit Plakaten, Broschüren und einem Film

Ausgangssituation, Projektidee und ziele
In einem Forschungspraktikum der Angewandten Humangeographie/Raumentwicklung der Universität Trier haben sich 24 Studenten unter Leitung von Prof. Heiner Monheim im Wintersemester 2006/07 und Sommersemester 2007 mit der Fahrradwerbung auseinandergesetzt. In einer Medien- und Werbe/Kommunikationsanalyse ermittelten sie, dass nur relativ wenig Werbung für das Fahrrad fahren gemacht wird und dass die Inhalte - im Verhältnis zur omnipräsenten Autowerbung oft weniger professionell und emotional kommuniziert werden. Die Förderung des urbanen Fahrradverkehrs kann jedoch durch Fahrradwerbung und -kommunikation gezielt unterstützt werden. Die im Projekt entwickelten Produkte (Plakate, Flyer, Broschüren) sollten Anregungen zur Nachahmung und Diskussion einer wirksamen "Vermarktung" des Fahrrad fahrens geben und auch die emotionale Seite des Radfahrens kommunizieren. Darüber hinaus wurde ein begleitender Kurzfilm erstellt, der die Notwendigkeit professioneller Fahrradwerbung begründen soll.
Die Ziele des Projekts wurden in einem Pressetext folgendermaßen
formuliert:
"Parallel dazu sollen die öffentlichen und privaten Fernsehsender
animiert werden, eigene Fahrrad- und Mobilitätsmagazine
einzurichten, die ähnlich wie die schon lange bestehenden
Automagazine das Fahrradthema und das Stadtradeln popularisieren.
Gründe für eine fahrradfreundliche Verkehrspolitik liegen nach
Meinung des Radlust Projekts nicht nur im positiven Beitrag des
Fahrrades zum Umwelt- und Klimaschutz. Vielmehr stehen Freude und
Lust am Radeln in der Stadt im Fokus der Kampagne. Mit ihren
Plakaten stellen die Studenten die Radlust, das intensive
Stadterlebnis auf dem Rad bildlich dar und möchten die Menschen so
emotional für das Thema begeistern und die riesigen vorhandenen
Potenziale nutzen. Schließlich besitzen 80 Prozent der deutschen
Haushalte ein Fahrrad und damit die notwendige Voraussetzung für
mehr städtische Lebensqualität und genussvollere Mobilität.
Als zu meisternde Herausforderung sehen die Studenten die vielen
Ausreden und Ängste an, die den gewohnheitsmäßigen Griff zum
Fahrrad noch behindern und auch viele Politiker von einer
engagierten Fahrradförderung abhalten.
Mit professionellen Fotos und plakativen Slogans will das
Projektteam die Botschaft einer positiven Fahrradkultur verbreiten.
Als Aspekte von "Radlust" werden Themen wie Freiheit,
Kommunikation, Bewegungslust und Selbstverwirklichung verarbeitet.
Dabei liegt die Betonung auf dem alltäglichen Fahrradverkehr in der
Stadt und weniger auf dem Freizeitverkehr. Die Studenten sind
überzeugt, dass das Fahrrad als weltweit am meisten verbreitetes
Individualverkehrsmittel eine bedeutende Renaissance vor sich hat
und vor allem den Stadtverkehr am schnellsten aus dem Dauerstau
führen kann. Daher ist die Verkehrspolitik zum Handeln
aufgefordert." (Pressemitteilungen zur Radlust-Kampagne,
www.radlust.info)
Projektdurchführung
Die Studenten haben während ihres Forschungspraktikums die
Produktideen entwickelt, Bilder und Texte erstellt, das Layout
entworfen und die Ausstellungskonzeption formuliert. Die Agentur
"fairkehr GmbH" hat anschliessend Grafik und Layout professionell
aufbereitet und den Druck der Plakate, Broschüren und Flyer
betreut.
Die Produktionskosten für Flyer, Broschüren, Plakate und Film sowie
Reisekosten wurden durch das Umweltbundesamt (UBA) mit 46.000 Euro
und durch die Universität Trier mit 5.670 Euro gefördert. Da die
UBA-Mittel aus dem Programm für Verbändeprojekte stammten, wurde
für das Projekt eine Kooperation mit dem Verkehrsclub Deutschland
e.V. (VCD) und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC)
vereinbart. Weitere Kontakte gab es zu Vertretern der
Fahrradwirtschaft, zur Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche
Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V. (AGFS) und
zum Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Einige Fotos zur Kampagne wurden
von Planungsbüros beigesteuert (z.B. Stadt- und
Verkehrsplanungsbüro Kaulen, P 3 Agentur für Kommunikation und
Mobilität, BSV Büro für Stadt- und Verkehrsplanung GmbH,
Planungsbüro Richter Richard). Viele Anregungen kamen aus dem
Buch "Stadtradeln, eine Passion" von Münchens Oberbürgermeister
Christian Ude.
Die Kampagne besteht aus folgenden Produkten:
- Ausstellung mit 32 Postern, alternativ präsentierbar in Format A0 (auf wetterfester LKW-Folie oder auf laminiertem Papier) oder A1 (nur laminiertes Papier)
- Farbiger Katalog zur Ausstellung: "Poster der Ausstellung Radlust", 32 Seiten im Format A5
- Farbige Broschüre mit den Zielen und Detailüberlegungen zur Kampagne: "Radlust Informationen zur Fahrradkommunikation", 84 Seiten im Format A4
- Internetangebot www.radlust.info mit allen Postern, dem Katalog und der Broschüre zum Download, Informationen zum Verlauf des Projekts, zu künftigen Terminen, mit Pressebildern und einer Auswahl des Presseechos sowie einer Übersicht über die gewonnenen Preise
- Sechsminütiger Trailer, der auf DVD erhältlich ist und die Grundüberlegungen sowie eine Beschreibung der Produkte und Ziele kurz zusammenfaßt
- Mehrere Powerpoint-Präsentationen unterschiedlicher Länge (10-45 Min.), die von Mitgliedern des Radlust-Teams vorgestragen werden können
- In englischer Sprache: Ausstellung im Format A4 sowie eine Powerpoint-Präsentation
Das Projekt wird durch eine Diplomarbeit (Bearbeiter: cand. Michael Öhmann) evaluiert, außerdem wird im Februar 2008 im Auftrag des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen und der AGFS bei der Freizeit- und Fahrradmesse Essen eine Befragung von Austellungsbesuchern durchgeführt.
Aktueller Stand, Ausblick weiterer Perspektiven
Seit Juni 2007 wurde die Kampagne öffentlich präsentiert auf
diversen Großevents (Deutscher Evangelischer Kirchentag in Köln,
Streetlife Festival in München, Velo-City-Kongress in München, im
Verkehrszentrum des Deutschen Museums München, auf der IFMA in
Köln, etc.) sowie bei zahlreichen örtlichen Events (u.a. in Bad
Herrenalb, Berlin, Bonn, Bremerhaven, Brühl, Chemnitz, Dessau,
Dortmund, Essen, Frankfurt, Hamburg, Homburg, Köln, Krefeld,
Krickenbeck, Linz (Österreich), Luxemburg, Mannheim, Münster,
München, Reichshof, Schleswig, Trier). Weitere Präsentationen sind
in Vorbereitung (aktuelle Zeitpläne siehe www.radlust.info).
Mehrere Städte bereiten jetzt eigene Kampagnen bzw. die Vergabe von
Aufträgen zur Erstellung und Durchführung von Kampagnen vor, so
z.B. Luxemburg, Hamburg, Frankfurt und München.
Preise
Das Projekt hat sich an mehreren Wettbewerben beteiligt:
- best for bike 2007 der deutsche Fahrradpreis
- Medienpreis der Deutschen Gesellschaft für Geographie
- Klimaschutzinitiative CO2NTRA der Saint Gobain-ISOVER G+H AG
- Lehrpreis Rheinland-Pfalz
- Ideen für Deutschland.
Dabei wurden folgende Preise gewonnen:
- 2. Preis beim Wettbewerb "best for bike 2007"
- Förderpreis der Klimaschutzinitiative CO2NTRA
Erkennbare Effekte
Noch liegt keine systematische Evaluation vor. Zum Projekt wird
jedoch eine Diplomarbeit von Michael Öhmann (Universität Trier)
verfasst und das Radlust-Team registriert sehr sensibel die
Reaktionen der Ausstellungsbesucher und Präsentationsteilnehmer.
Das Team schätzt, dass bisher ca. 400.000 Besucher bei den diversen
Großevents und lokalen Veranstaltungen die Ausstellung gesehen
haben. Die Präsentationen wurden von ca. 5000 Teilnehmern, u.a. aus
der lokalen Politik, Behörden und örtlichen ADFC/VCD-Verbänden,
besucht. Die Rückmeldungen der Teilnehmer lassen folgende Tendenzen
erkennen:
- Werbung für das Fahrrad fahren und überzeugende Kommunikationsstrategien können die Förderung des Radverkehrs unterstützen.
- Die Analogie zwischen Fahrrad- und Autowerbung gilt als überzeugend.
- Vor allem bei Vertretern aus Politik und aus den Behörden stößt der Verzicht auf die Thematisierung von Infrastruktur- und Sicherheitsaspekten auf Skepsis.
- Gelegentlich wird die Selektivität der Bilder kritisiert (zu viel junge Menschen, zu viele Schönwetterfotos, zu viele "inkorrekte" Szenen, z.B. ohne Helm, mit Handy am Ohr, mit Freundin auf dem Gepäckträger). Die meisten Betrachter und Diskutanten finden jedoch die emotionale, lockere, unverkrampfte Aufmachung richtig; dies ist auch ein Verweis auf die ebenfalls nur das Emotionale und Illusionäre ansprechende Autowerbung.
- Auf Skepsis stößt die Botschaft, man könne einfach auf das Fahrrad aufsteigen und losfahren. Als Hinderungsgründe werden dabei u.a. Infrastruktur- und Sicherheitsdefizite genannt. Das Radlust-Team verweist bei diesen Argumenten dann z.B. auf die 20.000 neuen Pfandfahrräder in Paris, die nach Presseberichten und Angaben der Betreiber im Durchschnitt pro Rad und Tag 10 mal genutzt werden, obwohl Paris eigentlich kein Radfahrerparadies ist.
Nach den ersten Erfahrungen des Radlust-Teams sowie aus den
Rückmeldungen der sog. Fahrradszene (Verbände, Planer,
Fahrradjournalisten) hat das Projekt das Bewusstsein für die
Notwendigkeit von Kommunikation und Werbung als Bestandteil einer
Fahrradstrategie deutlich gesteigert. Im Februar 2008 beginnt im
Auftrag des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes
Nordrhein-Westfalen und der AGFS eine erste Evaluation der Radlust-
Ausstellung mit einer Publikumsbefragung.
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