Infrastrukturprojekt in einer Großgemeinde
Einwohner bauen Bürgerradwege

Die Gemeinde Uplengen besteht aus 19 Dörfern mit insgesamt
11.300 Einwohnern. Mit rund 14.800 Hektar ist sie die weitaus
flächengrößte Gemeinde des Landkreises Leer.
Die Großflächigkeit der Gemeinde und die große Anzahl der Dörfer
erfordert eine gute Verkehrsinfrastruktur der Dörfer untereinander
und in Richtung auf den Hauptort Remels. Der öffentliche
Personennahverkehr ist relativ schwach ausgebildet. Da ein
vorhandener PKW meistens für die Fahrt zum auswärtigen Arbeitsplatz
benötigt wird, verfolgt die Gemeinde seit mehr als 20 Jahren das
Ziel, das Radwegenetz zu verdichten. Hinzu kommt, dass Ostfriesland
traditionell ein Radfahrerland ist und das Radfahren einen großen
Stellenwert auch im Rahmen des Fremdenverkehrs einnimmt.
Wichtige Radrouten wie z. B. die "Deutsche Fehnroute" (Strecke in Uplengen rund 30 km), der "Friesische Heerweg" (15 km), die "Route der Gartenkultur" (15 km) und die "Blütenroute" (15 km) führen durch die Gemeinde.
Insgesamt sind in der Gemeinde ungefähr 80 km Radwege vorhanden, von denen ca. 20 km seit 1998 gebaut worden sind. Eine Besonderheit dabei sind die so genannten "Bürgerradwege", die von den Bewohnern in Eigenleistung erstellt werden. Seit 1998 wurden fast 7 km "Bürgerradwege" gebaut.
Die finanzielle Situation der Gemeinde ist schwierig; die Finanzkraft liegt etwa 30% unter dem Durchschnitt der niedersächsischen Gemeinden vergleichbarer Größenordnung. Durch die finanzielle Situation, die bereits angesprochene Flächengröße und die großen Anzahl der Ortschaften ist eine ausgewogene Infrastruktur in allen Dörfern nur bei einem entsprechenden Engagement der Bürger machbar. Um den Wunsch nach zusätzlichen Radwegen erfüllen zu können, ist die Idee geboren worden, dass Bürgerinnen und Bürger die Radwege bauen, während von der Gemeinde das Material und der Maschinenpark des Bauhofes zur Verfügung gestellt werden. Dabei erweist sich als sehr positiv, dass in fast allen Dörfern Einwohner vorhanden sind, die im Tief- und Straßenbau tätig sind. Diese können ihr Fachwissen zur Verfügung stellen und zusammen mit dem Ortsvorsteher den Kontakt zur Gemeinde halten. Die Bauleitung obliegt dem technischen Personal der Gemeindeverwaltung. Da die in Eigenleistung gebauten Radwege nur in der Freizeit gebaut werden können, müssen die Arbeiten in den Abendstunden und an den Wochenenden durchgeführt werden und dauern dementsprechend etwas länger. Die Arbeiten werden vor Ort entweder vom jeweiligen Ortsvorsteher oder einem sonstigen Bürger aus der Nachbarschaft organisiert. Dieser hält Rücksprache mit der Gemeindeverwaltung, wann Material und notwendige Maschinen auf der Baustelle sein müssen. Weiterhin koordiniert er die Arbeitsabläufe vor Ort und teilt ein, wie viele Personen an den jeweiligen Arbeitseinsätzen teilnehmen. Natürlich ist die Teilnahme an der Herstellung der Bürgerradwege freiwillig. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Motivation in den Ortschaften sehr groß ist. Das besondere Engagement zeigt sich darin, dass auch Frauen diese Arbeiten mit durchführen. Machbar ist diese Ausbauart nur für Radwege in Pflasterbauweise, da die Anwohner nicht in der Lage sind, Radwege in bituminöser Bauweise herzustellen. Die Durchschnittskosten der so genannten "Bürgerradwege" liegen bei rd. 70.000 Euro/km. Seit 1998 wurden 7 km Radweg selbst gebaut, so dass die Gemeinde in den sieben Jahren ca. 500.000 Euro durch die unentgeltliche Arbeitsleistung ihrer Bürger eingespart hat. Unterstützt wurden die Maßnahmen im Jahr 2000 auch über Finanzmittel des EFRE Programms (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung).
Trotzdem hat Uplengen in den letzten Jahren rund 135 Euro je Einwohner investiert. Dies ist erheblich mehr als der Bundesdurchschnitt, dort liegen die durchschnittlichen Ausgaben für den Radverkehr bei ca.1-2 Euro pro Einwohner und Jahr.
Die Einwohner geben das Beste für das Fahrrad, was sie zu bieten haben, nämlich ihre Arbeitskraft. Bürgersinn und das Miteinander werden wesentlich gestärkt und die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit "ihrem" Radweg ist groß. Eine zünftige Feier der Anwohner mit den Gemeindevertretern bei der Fertigstellung eines Radwegeabschnittes ist selbstverständlich.
Auch in der Zukunft wird die Gemeinde weiterhin Bürgerradwege
erstellen. Im Flurneuordnungsgebiet sind zusätzliche Radwege
geplant. An klassifizierten Straßen bewirbt sich die Gemeinde um
den Bau von Gemeinschaftsradwegen. In der Ortslage Remels ist im
letzten Jahr bereits ein Knotenpunkt mit einer Ampelanlage
ausgerüstet worden. Für das Jahr 2006 soll eine weitere Kreuzung
durch eine Ampelanlage verbessert werden. Darüber hinaus ist die
Gemeinde bestrebt, die bauliche Qualität der Radwege zu
verbessern.
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